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Master Classes 2017

Zum ersten Mal möchten wir Ihnen zu unserer zehnten Festivalausgabe sogenannte ,Master Classes‘ anbieten. In diesem Format stellen Filmemacher*innen ihre persönliche Arbeitsweise vor. Anders als in unseren Filmgesprächen, die nach einer Vorstellung stattfinden und direkten Bezug auf einen konkreten Film nehmen, haben die Filmemacher*innen hier Zeit, anhand von eigenen Filmbeispielen zu erläutern, wie sich ihr Filmstil entwickelt hat oder welche Maximen oder Grundfragen ihre Arbeit prägen. Mit anderen Worten: sie bieten uns einen vertieften Einblick in ihr Werk und in das Filmemachen allgemein. Wir konnten hochinteressante Filmschaffende gewinnen, deren aktuelle Filme in unserem Jubiläumsprogramm zu sehen sind.

Die Master Classes finden im Kinosaal statt, stehen allen Interessierten bei freiem Eintritt offen und werden in englischer Sprache gehalten.

ERINNERUNG IM KINO: Susana de Sousa Dias und ihre Arbeiten

Montag, 2.10., 15.00 Uhr, kinoeins

Seit über 15 Jahren erforscht die portugiesische Filmemacherin Susana de Sousa Dias den Zusammenhang von Vergangenheit und Gedächtnis und die Darstellbarkeit unterdrückter Geschichte. Ausgangspunkte ihrer Filme sind dabei Fragmente
dessen, was übriggeblieben ist – Archivbilder und mündliche Zeugnisse. Insbesondere die Bilder werfen dabei zweifach die Frage des Zugangs auf. Sie sind Materialien der Diktatur wie etwa die erkennungsdienstlichen Fotos der politischen Polizei PIDE. Sie sind nicht unschuldig, nicht objektiv, sondern bewusster Teil einer Beherrschungs- und Erniedrigungsmaschinerie. Zugleich arbeitet de Sousa Dias immer wieder mit Überlebenden
der Diktatur, den Opfern jener Unterdrückungspraxis. Die Arbeit mit diesen Bildern erfordert einen höchst präzisen filmischen Zugang, der die Umstände ihrer Entstehung reflektiert
und die Bilder durch die künstlerische Praxis kontextualisiert und kommentiert statt sie nur als Bebilderung einer wie auch immer gearteten Realität zu nutzen. Entstanden ist so ein
OEuvre, das changiert zwischen bewusster Distanzierung vom Material und einer emotionalen Intensität, die den Bildern und ihren Subjekten zurückgegeben wird, die im europäischen
Kino einzigartig ist. Ihr aktueller Film ist OBSCURE LIGHT.

KINO DER REVOLUTION: Mathieu Denis und Those Who Make a Revolution Halfway Only Dig Their Own Graves

Mittwoch, 4.10., 10.00 Uhr, kinoeins

Gemeinsam mit Regie-Kollege Simon Lavoie erzählt derjunge kanadische Filmemacher Mathieu Denis in seinemFilm THOSE WHO MAKE A REVLUTION ONLY HALFWAY ONLYDIG THEIR OWN GRAVES die Geschichte einer Gruppe jungerMenschen, die sich im Gefolge der Studentenproteste in Quebecim Jahr 2012 radikalisiert und den sozialen und politischenUmsturz zu erzwingen sucht. Doch lässt sich eine revolutionäreGeschichte wie diese mit den Mitteln des konventionellenKinos erzählen? Denis‘ Antwort lautet klar „nein“ undso bedient sich der Film des vollen Malkastens des revolutionärenKinos, mixt unterschiedliche Filmformate, benutzt PerformanceArt und Texttafeln, ja sogar eine Ouvertüre darf nichtfehlen. Ein gigantisches, mitreißendes Unterfangen, das immerwieder auf die Filme Godards und anderer verweist unddoch eine ganz eigenständige Filmsprache findet, die ihr Sujetfurios umsetzt. Die Master Class ist der Entstehung und derspezifischen Umsetzung dieses Films gewidmet.