Feng Ai

REGIE: Wang Bing   LAND: Sonderverwaltungszone Hongkong, Frankreich, Japan   JAHR: 2013   SPRACHE(N): Mandarin Chinese   UNTERTITEL: Englisch   LÄNGE: 228 min  

VORSTELLUNGEN
Samstag, 03.10., 11.00 Uhr, Kommkino

SEKTION: International Forum

Wang Bing ist der Ai Weiwei des Dokumentarfilms: Auch er macht system­kritische Kunst in den Dimensionen des Monumentalen. Eine psychiatrische Anstalt in Yunnan zeigt die nackte Existenz der vom chinesischen Modernisierungswahn Ausgeschlossenen. Ein ganz und gar zärtliches Meisterwerk, das genau hinsieht. Cinéma vérité!

Wenn Bilder stinken könnten – diese täten es. Fast vier Stunden beobachtet Wang Bing das Dahinvegetieren in einer geschlossenen Anstalt. Getrennt in zwei Etagen leben hier Männer und Frauen, deren Vergehen unklar oder nichtig sind, ebenso wie ihre Zukunft. Die Situation der Internierten ist absurd, in der existenziell schmerzhaftesten Bedeutung des Begriffs. Unbefristet eingesperrt, zwischen nackten Mauern und einem vergitterten Innenhof, besteht ihr Leben aus repetitiven, sinnfreien Abläufen. Die Räume sind karg, alles starrt vor Schmutz, die Möglichkeit zum Rückzug gibt es für niemanden. Quasi auf sich selbst gestellt organisieren die Insassen ihren Alltag, zwischen Schlafen, Wachsein und Schlafen. Nur ab und zu kommen weißbekittelte Wärter und verteilen Essen und die ruhigstellenden Pillen oder nehmen einen aufsässigen Neuankömmling noch einmal mit, bis auch er lethargisch seinen Alltag erduldet. Wang Bing gelingt das Kunststück, mit seiner Kamera eins mit den Insassen zu werden. Nur so kann er beobachten und dokumentieren und die Schamlosigkeit einer Gesellschaft sichtbar machen, die Menschen wie Abfall einlagert.

WANG BING
Wang Bing, der 1967 im chinesischen Xi’an geboren wurde, ist einer der herausragenden Dokumentarfilmer unserer Zeit. Seine Filme drehen sich häufig um zentrale Momente chinesischer Geschichte, in denen er besonderes Augenmerk auf die kleinen und großen Geschichten derer legt, die die tragischen Auswirkungen konkreter historischer Ereignisse zu spüren bekommen. Bing studierte Film an der Pekinger Filmakademie und Fotografie an der Kunsthochschule von Luxun. 2001 legte er mit WEST OF THE TRACKS sein Debüt vor, ein wahrhaft episches Projekt über Shen­yang, die älteste Industrieregion Chinas. Die Endfassung des Films, ein faszinierendes Portät einer Nation und seiner Menschen, ist neun Stunden lang. 2010 war Bing mit THE DITCH zum ersten Mal im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig vertreten – eine Leistung, die er 2013 mit ’TIL MADNESS DO US PART wiederholte.

FILMOGRAFIE
West of the Tracks (1999-2003), Brutality Factory (2007), Fengming, A Chinese Memoir (2007), Crude Oil (2008), Coal Money (2008), The Ditch (2010), Three Sisters (2012), Alone (2012), ’Til Madness Do Us Part (2013), Father and Son (2014), Traces (2014)

DREHBUCH:    PRODUZENT_IN: Louise Prince, Ying Liang   KAMERA: Liu Xianhui, Wang Bing   SCHNITT: Adam Kerby, Wang Bing   MUSIK: Zhang Mu   MIT:

WEBSITE
http://www.moviola.jp/shuuyou/

PRODUKTION: Y.Production, Moviola, Rai Cinema   WELTVERTRIEB: Anne-Sophie Lehec, Asian Shadows   DEUTSCHER VERLEIH: