Cameraperson

REGIE: Kirsten Johnson   LAND: Vereinigte Staaten   JAHR: 2016   SPRACHE(N): Englisch, Arabisch, Dari, Bosnisch, Hausa   UNTERTITEL: Englisch, Deutsch   LÄNGE: 102 min  

VORSTELLUNGEN

Donnerstag, 28.09., 18.45 Uhr, kommkino in Anwesenheit von Kirsten Johnson
Montag, 02.10., 17.30 Uhr, kommkino

SEKTION: Internationales Forum

Kirsten Johnsons CAMERAPERSON beschäftigt sich mit dem oft idealistischen und immer verzwickten Wunsch, über dokumentarische Bilder eine Verbindung zum Zuschauer zu schaffen. In enger Zusammenarbeit mit dem Schnittmeister Nels Bangerter, arbeitet sich Johnson durch eine Sammlung unbenutzter Materialien aus ihrer langen Karriere als Kamerafrau und erstellt aus diesen Bruchstücken eine Art Selbstportrait, ein Tagebuch, bestehend aus den verworfenen Entwürfen einer Filmemacherin.
„Der Dokumentarfilm ist die einzige Kunstform, bei der jedes ästhetische Element auch eine ethische Wertigkeit hat und gleichzeitig jede ethische Bedeutung auch ästhetisch interpretiert werden kann“ sagte der russische Filmemacher Viktor Kossakovsky. Kein Film aus jüngerer Geschichte hat sich intensiver mit dieser Aussage auseinandergesetzt wie CAMERAPERSON. Anstatt Geschichten zu erzählen, kreiert Johnson Momentaufnahmen. Viele der Momente, die sie uns zeigt, sind Szenen voller Tragik und Leiden, die sie, wie sie zu Beginn des Films bemerkt, geprägt haben und über die sie bis heute nicht hinweggekommen ist. In ihrem Film erlaubt Johnson uns, in ihre Gedanken hinter der Kamera einzutauchen, während sie Beziehungen zu Menschen herstellt und damit letztendlich ihre Bilder erschafft. Wir spüren das Zittern ihrer Hand während sie die Kamera hält, wir denken mit, wenn sie zu einer Nahaufnahme des Protagonisten schwenkt, wir hören, wie ihr der Atem wegbleibt.
So wird also aus dem, was wir „authentisch“ nennen, ein komplexer Tanz winziger menschlicher Dilemmata, die sich zwischen dem Subjekt, der Kamera und dem Menschen hinter der Kamera abspielen. In einer Szene, spielt ein kleiner, bosnischer Junge mit einer Axt und Johnson fragt sich offensichtlich, ob sie nicht lieber die Kamera absetzen sollte, um das Kind davon abzuhalten sich zu verletzen. Der Betrachter bleibt mit der Frage, inwiefern ihre (und gleichzeitig unsere) kulturell geprägten Vorstellungen von Sicherheit und elterlicher Verantwortung ihre Reaktion beeinflussen. Mit einem kaum erkennbaren Zögern der Kamera wird auch Johnsons Verlegenheit deutlich. Dieser Moment ist so nervenaufreibend und so menschlich, das Dilemma doch recht unbedeutend und der Ausgang bleibt ungewiss. Bis die Person hinter der Kamera die Arbeit niederlegt, wird das Leben aufgezeichnet, danach passiert es einfach nur noch. Alles kann nie erfasst werden.

KIRSTEN JOHNSON
Kirsten Johnson studierte Bildende Kunst und Literatur an der Brown University. Nachdem sie zwei Jahre in Westafrika an lokalen Spielfilm- und Dokumentarfilmprojekten mitgearbeitet hatte, besuchte sie die Nationale Filmhochschule FEMIS in Paris. Sie führt Regie und arbeitet regelmäßig als Kamerafrau. Ihr erster Spielfilm war Foreign Body. Deadline (Co-Regie und Kamera) feierte 2004 seine Premiere in Sundance. Im selben Jahr wurde ihr dokumentarischer Kurzfilm Asylum für einen Oscar nominiert. Immer wieder arbeitet Johnson mit Laura Poitras zusammen, zuletzt bei deren Oscar.gekrönten Dokumentarfilm Citizenfour.

FILMOGRAFIE
Foreign Body (1996), Derrida (2002), Asylum (2003), Darfur Now (2006), Pray the Devil Back to Hell (2008), The Oath (2010), Citizenfour (2014), Cameraperson (2016)

DREHBUCH: Kirsten Johnson   PRODUZENT_IN: Marilyn Ness, Abigail Disney, Gini Reticker, Danielle Varga, Kirsten Johnson   KAMERA: Kirsten Johnson   SCHNITT: Nels Bangerter, Amanda Laws   MUSIK: Kathryn Bostic   MIT:

WEBSITE
http://www.camerapersonfilm.com/

PRODUKTION: Big Mouth Productions   WELTVERTRIEB: Maëlle Guenegues, CAT & DOCS   DEUTSCHER VERLEIH: